Nostalgie 3 

(aus 60 Jahre MSV 1966 - wurde im MSV Express Nr. 8 vom Dezember 1996 auch veröffentlicht)

Dem Gründungsmitglied

 

Ernst Wissmiller gewidmet

 

Könnte die Bavaria von ihrem Fundament heruntersteigen, wo sie von dortaus mit Wohlgefallen alle Ereignisse an ihren Augen vorübergehen ließ, die sich in ihrem Blickfeld abspielten und rückschauend darüber plaudern, so würde sie auch nebenbei erzählen, dass um die Jahrhunderwende junge Burschen sich mit einem Ball beschäftigten, auf den sie mit den Füßen hauten.

Da die Wiege, in der E r n s t  W i s s m i l l e r  das Licht der Welt erblickte, unweit des traditionellen Rasens stand, führte ihn sein Weg in seinen Schuljahren so oft dorthin, zu der Stätte, an der er in seiner Heimatstadt die Fußballbewegung seinen Anfang nahm.

 

Während er in der ersten Zeit nur Zeuge von Spielen des 1. Münchner Fußball-Clubs gegen FC Bayern, MTV München und TSV 1860 München war und sich als Ballholer beschäftigte, so wurde seine Begeisterung für das rund Leder noch mehr entfacht, als sein Klassenlehrer, der sich für diesen Sport sehr aufgeschlossen zeigte, die Schulbuben während der Turnstunde mit dem Ball austoben ließ. Schulranzen oder abgelegte Kleidungsstücke grenzten das Tor ab, während sich bestehende Vereine mit 2 Torpfosten, verbunden mit einer Schnurr, begnügten. Schauplatz weierer Spiele war der Schyrenplatz, wo der TSV 1860 auch sein Training abhielt, während Bayern in Schwabing an der Karl-Theodor-Straße seine Heimat fand. MTV verfügte damals über einen Waldspielplatz in Gräfelfing.

 

Schon in seinen Schuljahren scheute er nicht den weiten Weg - in Ermangelung eines Trambahnzehnerls - auf Schusters Rappen nach Schwabing in die Karl-Theodor-Straße, wo der FC Bayern seine Spiele austrug.

 

Kaum der Schulbank entronnen, galt sein besonderes Interesse dem FC Sendling, einer der vielen sogenannten wilden Clubs, die sich aber kurze Zeit nach der Gründung im Jahre 1906 dem Verband anschloß.

 

Seine sportiche Laufbahn begann Ernst Wissmiller bei diesem kleinen Club auf der Theresienwiese und fand ihre Fortsetzung nach dem Anschluß an den F.C. Germania, der um diese Zeit seine Zelte an der Welfenstraße aufschlug und für einen weiteren Auftrieb in der Hochau sorgte. Schon in diesem Jahr beteiligte sich Ernst Wissmiller nicht nur aktiv, sondern er stellte sich als Schriftführer und Kassier zur Verfügung. Unglückliche Umstände zwangen den F.C. Germania zu einer weiteren Fusion mit der neu entstandenen F.A. Phönix der MSV, wo seine sportlichr Laufbahn ihren Höhepunkt erreichte. Mit seinem alten Nebenspieler Georg Wurm bildete er den linken Flügel bei dem Städtespiel München - Fürth.

 

Hatte seine sportliche Tätigkeit während des 1. Weltkrieges durch Einziehung einer Unterbrechung erfahren, so fand dies ihre Fortsetzung durch die Gründung einer Altherrenmannschaft. 15 Jahre bis zum Ausburch des 2. Weltkrieges beteiligt er sich aktiv in dieser Mannschaft. In der Zeit als Spielführer hatte er an dem Aufschwung einen großen Anteil. In den Jahren wo große Arbeitslosigkeit herrschte und bedeutende Anforderungen an einen Kassier gestellt wurden, diente er weiterhin der MSV fünf Jahre.

 

Während seiner jahrzehntelangangen Zugehörigkeit erlebte er in diesem Kreis viel Freude. Höhepunkt wie Erringungen von Meisterschaften wechselten mit manchen Krisen. Treue zu seinen Kameraden verband ihn ebenso mit dem Verein.

 

Kann er auch aus Gesundheitsrücksichten am Vereinsleben an dem Maße teilnehmen, wie er es sich wünschte, so beweist er sein großes Interesse und seine Anhänglichkeit dadurch, dass er fast keinen Sonntag vergehen läßt, ohne als Zuschauer an dem Geschehen auf dem grünen Rasen teilzunehmen.

 

In der Ausgabe von 1966 wünschte der Verfasser dieser Zeilen, Herrn Ernst Wissmiller ein langes Leben. Wann unser Gründungsmitglied und Ehrenmitglied Herr Wissmiller verstorben ist, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen. Vielleicht kann uns ein Mitglied oder ein Leser dieser Zeilen hier behilflich sein.

 

Emanuel Morgenstern